**Emotionale Nähe zwischen Männern und die Fähigkeit, Gefühle zuzulassen, sind nicht für alle selbstverständlich. Auch die Motivation, über die eigenen Gefühle zu sprechen, ist nicht für jeden Mann in gleichem Maße ausgeprägt. Das liegt vor allem an alten Rollenbildern, die sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt haben und bis in die Gegenwart reichen.**

*Disclaimer: In diesem Artikel geht es um Rollenbilder, die in großen Teilen der Welt mit dem Konzept „Männlichkeit“ verknüpft sind oder waren. Wir kommen an der einen oder anderen Stelle nicht umhin, mit Verallgemeinerungen zu arbeiten. Selbstverständlich möchten wir dabei niemanden ausschließen und sind uns bewusst, dass wir allenfalls versuchen können, einen Ausschnitt der Wirklichkeit abzubilden.*

Es ist mehr als ein Klischee: Es gibt nach wie vor Männer, die Probleme damit haben, emotionale Nähe zuzulassen. Keine Frage, die Situation hat sich in den letzten Jahren rapide verbessert. Doch es gibt immer noch genug Männer, die die Melodie von „Boys don’t cry“ allzu vertraut in den Ohren haben.

## Wenn Rollenbilder die emotionale Nähe einengen

Das hängt zunächst mit verstaubten Rollenbildern zusammen, die vor allem in der Generation der Millenials und aufwärts noch vertreten waren. Männer haben stark zu sein, müssen die Familie versorgen. Für Emotionen und den Haushalt sind Frauen zuständig. Während die Emanzipation auf weiblicher Seite längst in vollem Gange ist, kann man das Gefühl bekommen, dass die männliche Emotions-Emanzipation in Teilen noch im alten Jahrhundert verharrt. Tatsächlich befinden uns längst in einem Transformationsprozess. Doch solche gesellschaftlichen Umwälzungen dauern eben. Mitunter ganz schön lange. Können wir sie beschleunigen?

Der Psychiater und Familientherapeut Robert Garfield von der University of Pennsylvania sieht als grundlegendes Problem den Unterschied zwischen den Werten für emotionale Intimität auf der einen Seite und den Normen, die unsere Gesellschaft für Männlichkeit definiert (hat) auf der anderen Seite.

Bei diesem Problem steht der Ausdruck von Gefühlen, Verletzlichkeit, Annahme von Hilfe, gegenseitige Unterstützung und Kooperation einem Berg von Muskeln gegenüber. Dieser ist aufgepumpt durch emotionale Zurückhaltung, Selbstgenügsamkeit, Selbstoptimierung, Kontrolle, Konkurrenzdruck und Unabhängigkeit. Ein Cowboy, der mit rauchendem Colt zugibt, dass er ziemlich verletzt war, als sein Gegenüber gesagt hat, dass er nichts von ihm hält? Passt nicht ganz ins Bild.

Die Wurzeln dieses Ungleichgewichts reichen weit zurück. Das Bild des starken Mannes, der für seine Familie zu sorgen hat, wurde mitunter in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts geprägt. Starke Gefühle sollten nach Möglichkeit gemieden werden, da sie ein Zeichen von Schwäche waren.

Dieser Widerspruch führt laut Garfield zu mehreren Problemen. So haben Männer mit einem schweren Zugang zu Gefühlen auch Probleme damit, diese zu teilen. Beziehungen, Therapie und auch Freundschaften können dadurch erschwert werden. Daraus können schwierige, entgegengesetzte, sprich: ambivalente Gefühle entstehen. Denn das Bedürfnis nach emotionaler Nähe ist selbstverständlich vorhanden, wie bei jedem Menschen. Doch der bewusste oder unbewusste Drang danach, einem Ideal zu entsprechen, arbeitet gegen dieses Verlangen.

## Wie können wir emotionale Nähe fördern?

Garfield spricht sich dafür aus, dass gruppentherapeutische Ansätze helfen können, um Männern, die unter den genannten Problemen leiden, weiterzuhelfen. Dabei geht es vor allem darum, das Bild, dass Mann von der Männlichkeit hat, genau zu beleuchten und neu zu formen. Stereotypen von Männlichkeit, aber auch von Weiblichkeit, die kulturell bedingt sind, gelte es in diesem Zusammenhang anzuschauen und in Frage zu stellen.

Die Arbeit bestehe im Anschluss darin, Gefühle auszudrücken und dafür unterstützendes Feedback zu bekommen. Außerdem kann es helfen, darüber nachzudenken, wie das eigene Klischee-Denken andere beeinflusst und dazu führen kann, in Rollen zu zwängen, ganz gleich ob die eigenen Kinder, Partner:innen oder auch Freund:innen.

Um die eigenen emotionalen zu trainieren, kann es helfen, die folgenden Fähigkeiten zu schärfen. (Das gilt nicht nur für Männer!).

- Die Verbindung zu anderen

Hier geht es vor allem darum, eine gemeinsame emotionale Ebene mit anderen zu finden. Es ist nicht so wichtig, über was gesprochen wird, sondern wie man sich dabei fühlt. Berufliche Leistungen, der gesellschaftliche und professionelle Status sollten in der Verbindung zu anderen in den Hintergrund rücken.

- Kommunikation und die Kunst der emotionalen Kompetenz

Um emotionale Nähe und dahingehend tiefe Freundschaften aufzubauen, ist es wichtig, seine Gefühle in einer sicheren Umgebung teilen zu können. Wenn solche Umgebungen geschaffen sind, wird es möglich, über Gefühle zu sprechen und dabei Verletzlichkeit zuzulassen. So entsteht, was Garfield als „emotionale Kompetenz“ bezeichnet. Dabei geht es vor allem darum, Gefühle wie Wut, Freude, Angst und Trauer in Worte zu fassen und diese nicht in Taten umzusetzen.

- Verpflichtung/Hingabe/Engagement

Wer emotionale Nähe zulassen möchte, kann dies üben, indem er oder sie Freund:innen nach ihrem Wohlbefinden fragt. Die emotionale Verpflichtung anderen gegenüber, die sich nicht auf die eigene Partnerschaft beschränkt, sondern auch für Freund:innen gilt, will geübt werden. Dadurch entsteht langfristig auch ein besserer Zugang zu den eigenen Gefühlen.

- Kontrolle abgeben

Zum klischeehaften Rollenbild des starken Mannes gehört es schließlich, immer alles unter Kontrolle zu haben. Nicht zuletzt sind es „starke Führungspersönlichkeiten“, denen als Manager und Politiker großer Erfolg zugeschrieben wird. Da gibt es wenig Raum für Gefühle und Verletzlichkeit. Doch auch das kann man trainieren. Dazu gehört es, andere um Rat und Hilfe zu fragen und Entscheidungen, soweit es möglich ist, auch mal anderen zu überlassen.

Die gute Nachricht ist also: Auch emotionale Nähe kann man gut einüben. Wir müssen nur wissen wie! Und dafür ist es vollkommen in Ordnung, auch Hilfe von außen anzunehmen.

*Du hast auch Probleme mit emotionaler Nähe und würdest gerne daran arbeiten? Buche noch heute eine Session mit einer/einem unserer Coaches. Wir finden sicher eine Lösung.*

Emotionale Nähe unter Männern ist immer noch ein schwieriges Thema. Das hat vor allem mit unserer kulturellen Prägung zu tun. Zeit, das zu ändern.

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Emotionale Nähe zwischen Männern - Wann ist ein Mann ein Mann?