**Die Fähigkeit zur Selbstreflexion kann uns das Leben in fast allen Bereichen erleichtern. Mit unseren Hotspots lernst du, wie es auch dir gelingt.**

## Selbstreflexion – was ist das eigentlich?

Selbstreflexion beschreibt eine Tätigkeit, bei der wir über uns, unsere Gefühle, unser Handeln und all das, was uns ausmacht, nachdenken. Wir hinterfragen diese Dinge kritisch und haben keine Angst davor, mit uns selbst ins Gespräch zu gehen. Selbstreflexion kann unangenehm und anstrengend sein, wird uns aber in jedem Fall weiterbringen. Vorausgesetzt, wir versinken nicht in grübelnden Gedankenspiralen und sind in der Lage, uns unsere Fehler zu verzeihen.

Denn Selbstreflexion heißt zwar, dass wir uns selbst kritisch hinterfragen. Es heißt aber nicht, dass wir mit allem, was wir tun unzufrieden sind und unser gesamtes Wesen in Frage stellen. Wir schauen nur nach kleinen Stellschrauben, an denen wir vielleicht drehen können, dass die gesamte Maschine ein bisschen angenehmer läuft. Und das machen wir am besten regelmäßig. Das Ding an sich, den ganzen Menschen also, lassen wir aber so stehen wie er ist. Klingt kompliziert? Lass uns das an einem Beispiel anschauen.

## Selbstreflexion in der Praxis

Michael hatte einen wirklich schwierigen Tag auf der Arbeit. Er war ohnehin nicht gut drauf und dann hat sein Chef noch einiges an seinem Projekt kritisiert. Deshalb musste er einen großen Teil der Arbeit der letzten Woche über den Haufen werfen. Kurzum: Michael war einfach nur genervt. Dann hat ihn Ida, seine Kollegin, mit der er sich normalerweise richtig gut versteht, darauf aufmerksam gemacht, dass sich an seinem Schreibtisch langsam die Tassen stapeln. Ob er die nicht mal wegräumen könne, hat sie ihn gefragt. Und da hatte er einen Mini-Ausraster. Dass sie das nichts angehe und sie sich um ihren eigenen Kram kümmern solle, hat er Ida angezischt.

Als Michael dann abends mit seinem Freund beim Abendessen saß und über den Tag sprach, ist ihm sehr schnell klar geworden, dass sein Verhalten ziemlich Panne war. Er hat sein Verhalten analysiert und im Gespräch mit seinem Freund ist ihm klar geworden, dass er den Frust, den er über seine Arbeit und seinen Chef hatte, einfach an seiner Kollegin ausgelassen hatte. Er schrieb ihr kurzerhand eine Textnachricht und entschuldigte sich. Sie schrieb ihm gleich zurück: „Danke für deine Entschuldigung. Ist schon gut, wir sind alle mal genervt 😉). Danach war die Sache erledigt.

## Hotspots schaffen

Soweit, so gut: Michael hat im Affekt seine Wut an seiner Kollegin rausgelassen. Danach hat er darüber nachgedacht. Diese Selbstreflexion hat ihn dazu gebracht, sich zu entschuldigen. Das ist zunächst einmal schon ein Schritt in die richtige Richtung. Doch sein Vorgehen ist auch noch ausbaufähig: Auch die Selbstreflexion könnte er nochmal reflektieren und darüber nachdenken. Das bedeutet: Seine Entschuldigung war zwar richtig und gut. Sie hätte aber auch schon früher kommen können. Oder es hätte gar nicht so weit kommen können. Wie kann es Michael schaffen, seine Selbstreflexion auf eine neue Stufe zu bringen?

Der Schlüssel zu mehr Selbstreflexion liegt darin, mit einem größeren Bewusstsein gegenüber unseren Handlungen und Gefühlen durchs Leben zu gehen. Michael könnte zum Beispiel üben, seine Gefühle und Bedürfnisse besser und achtsamer wahrzunehmen. Wenn er das nächste Mal Wut in sich aufsteigen spürt, weil ihn sein Chef kritisiert, könnte er sich einen Moment Zeit nehmen, um diese Wut zu reflektieren. Warum bin ich gerade wütend? Woher kommt dieses Gefühl? Wo kann ich es spüren? Gegen wen richtet es sich? 

Vielleicht richtet sich die Wut ja nur oberflächlich gegen die anderen. Gut möglich, dass die Wut eigentlich mit einer Unzufriedenheit über sich selbst, die eigene Leistung oder auch die unrealistischen Ansprüche an sich selbst zu tun hat.

Solche kurzen Momente – nennen wir sie Selbstreflexions-Hotspots – können enorm viel helfen. Sie finden optimalerweise in Echtzeit statt und schaffen uns damit wichtigen Handlungsspielraum. Denn wenn wir uns über unsere Gefühle bewusst sind, können wir ihnen den Raum geben, die sie benötigen. Angst, Wut, Trauer, Scham und Ekel – all das sind berechtigte Basisemotionen, die ihren Raum fördern. Wenn wir ihnen den nicht geben, entladen sie sich an ungeeigneter Stelle. Zum Beispiel beim Gespräch mit der Kollegin, die eigentlich nur ihr Bedürfnis nach ein bisschen Ordnung im Büro ausdrückt.

Diese Hotspots der Selbstreflexion werden sich auf unser ganzes Umfeld auswirken. Wenn wir es schaffen können, die Hotspots in Echtzeit entstehen zu lassen, können wir im privaten und beruflichen Umfeld mehr Kapazität für Kreativität und mehr Energie für unsere Aufgaben bekommen. Denn unterdrückte Gefühle und unreflektiertes Handeln ziehen eine lange Kette an Nachwirkungen hinter sich her, die insgesamt deutlich mehr Energie benötigen, als wenn man die Gefühle auslebt. Und das können wir vor allem schaffen, indem wir Selbstreflektion trainieren und sie zu einer festen Gewohnheit in unserem Alltag machen. Dann rutscht sie irgendwann in unsere Routine und kostet immer weniger Aufwand.

## Selbstreflexion: Diese Eigenschaften kannst du trainieren

Der Psychologe Nick Wignall identifiziert für „The Understanding Project“ drei Grundpfeiler, die wir in unser Leben einbauen können, um die Selbstreflexion zu einer festen mentalen Gewohnheit zu machen.

### 1. Offenheit

Offenheit bedeutet, unsere kritischen Brillen abzunehmen, bevor wir die Dinge betrachten. Um Offenheit zu üben, empfiehlt Wignall ein Entscheidungs-Tagebuch. Es soll dabei helfen, die eigenen Glaubenssysteme zu identifizieren. Notiere darin Antworten auf folgende Fragen:

- Welche Gedanken und inneren Gespräche führen zu großen Entscheidungen?
- Welche Erwartungen habe ich an andere, wenn es zu Konflikten kommt?
- Wie sehen meine automatischen Erklärungen aus, wenn ich Fehler mache?

Versuche, das Entscheidungstagebuch kurz vor, während und nach großen Entscheidungen zu führen. Du wirst dir selbst auf deinem Weg zu mehr Selbstreflexion näher kommen.

### 2. Selbstbeobachtung

Bei der Selbsteobachtung geht es, so Wignall, darum, „sich selbst in derselben Art zu beobachten wie du externe Dinge beobachtest – mit Perspektive und Distanz“. Diese Art der Selbstreflexion können wir am besten üben, indem wir trainieren, achtsam zu sein. Das geht entweder durch Achtsamkeitsübungen oder durch Meditation. Einige Tipps dafür findest du in unserem Magazin.

### 3. Objektivität

Objektivität gibt uns den nötigen Abstand, um die Dinge so zu betrachten, wie sie sind. Oder zumindest so nah wie möglich an sie heranzukommen. Die Fähigkeit zur Objektivität bedeutet auch, zu erkennen, dass deine Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen zwar ein Teil von dir sind. Aber dass sie nicht deine gesamte Person dominieren und du ihnen nicht ausgeliefert bist. 

Das bedeutet zum Beispiel: Nur weil du zerstörerische/verrückte/süchtige/depressive Gedanken hast, heißt das nicht, dass du auch zerstörerisch, verrückt, süchtig oder depressiv *bist*. Sie sind ein Teil von dir. Aber sie sind nicht alles, was dich ausmacht. Du hast es in der Hand, dich selbst objektiv(er) zu betrachten. Und damit Selbstreflexion zu üben.

*Du würdest gerne mehr Selbstreflexion in dein Leben bringen, aber du weißt nicht, wie du es anpacken sollst? Du wirst von invasiven Gedanken geplagt und würdest gerne aus den Gedankenkreisen entfliehen? Buche eine Session mit einer/einem unserer Coaches. Wir finden da sicher eine Lösung.*

Selbstreflexion kann uns viele Lebensbereiche erleichtern. Lerne, wie du die Hotspots dafür schaffst und damit deine mentale Gesundheit auf ein neues Level bringst.

01

Startseite

02

Über uns

03

Rechtliches

04

Soziales

Selbstreflexion im Hotspot: Denk mal drüber nach!